Norman im Glück (I)
Norman im Bistro
Norman ist ein gepflegter Mann. Für ihn muss alles frisch sein, so wie Wäsche, die an einer Leine im Garten trocknen durfte. Er liebt Opern, die den Schmutz der Männer in Schönheit zerfließen lassen. Aber aus der Entfernung sehnt er sich nach der Verkommenheit der Metropole, in der er lebt: den Staßendreck, die beschmierten S-Bahn Waggons, die kaputten Typen in den No-go-Parks.
Zweimal in der Woche sucht Norman ein Café auf, um die Zeit zwischen zwei Seminaren stilvoll zu verbringen. Das gute Leben im Alltäglichen bedeutet ihm viel. Obwohl es schon Mittagszeit ist, bestellt er immer das Petit Déjeuner von der Karte, mit Café au Lait, Croissant und roter Marmelade. Er mag die französischen Ausdrücke, das passt zu seiner inspirierten Lebensart. Ohne Esprit, diesen erfrischenden Hauch, würde ihm das tägliche Einerlei zur Last werden.
Eigentlich liegt Norman nicht viel an einem Croissant. In Wirklichkeit kommt er hierher, um sich zu sammeln und seine Gedanken zu notieren. Am liebsten tut er das im Freien, für sich allein an seinem rostrot-lackierten Bistrotisch. Wenn er alle Utensilien seines guten Lebens beisammen hat, macht Norman ein Foto davon, sozusagen als Startschuss für sein Schreiben. Jetzt muss er kichern, weil er die Assoziation vom Startschuss zum Schreiberguss wieder einmal nicht unterdrücken kann. Aber so will Norman nicht schreiben, er will sich nicht ergießen. Seine Texte wünscht er sich kühl und klar wie frisches Wasser.